Immer wieder ist – im Zusammenhang mit Coaching – die Rede von sogenannten Glaubenssätzen, was aber ist damit eigentlich konkret gemeint und wieso wird diesen so große Bedeutung beigemessen?
Spätestens, wenn wir auf die Welt kommen, haben wir Annahmen darüber, wie gut es das Leben mit uns meint. Werden wir gut versorgt und fühlen uns bei der Mutter gut, geborgen, sicher, glauben wir, dass das Leben es gut mit uns meint. Im positiven Fall, erfahren wir unbedingte Hingabe, Zuneigung, Liebe und bilden Urvertrauen aus.
Bald aber lernen wir, dass es un-bedingt kaum gibt. Die Zuneigung wird zunehmend an Bedingungen geknüpft. Man bekommt das was man möchte, immer öfter nur, wenn… Die unbedingte Liebe wird zur bedingten Liebe. Wir lernen, dass es scheinbar nichts ohne Gegenleistung gibt. Diese Annahme bestätigt sich von Tag zu Tag mehr… Kindergarten, Schule, Beruf verfestigen die Überzeugung bis zur Gewissheit.
Ich glaube…
Die Überzeugung, dass es nichts umsonst gibt im Leben, dass man also immer etwas geben muss, um etwas zu bekommen führt dazu, dass jeder seine Ideen davon entwickelt, wie er andere „um den Finger wickeln“ kann, um das zu bekommen, was er möchte: Wie muss ich mich verhalten, damit… ich ankomme, akzeptiert, geliebt werde? So festigt sich immer mehr der Glaube, dass man auf (s)eine bestimmte Art und Weise sein muss, um das Leben bestehen zu können.
Während sich dieser Glaube entwickelt, läuft ein weiteres „Lernprogramm“ ab. Wir erleben nämlich als Kind, dass die Erwachsenen – ganz im Gegensatz zu uns – scheinbar alles wissen, alles dürfen und alles können. Zudem sagen sie uns stets und ständig, was wir nicht wissen und was wir nicht können, was wir falsch machen und wie es richtig wäre… Der Schluss, den wir unbewusst daraus ziehen ist, dass wir nicht ganz richtig sind, so wie wir sind, vergleichsweise minderwertig. Die Werbung tut – von Kindesbeinen an – ihr Übriges dazu und hämmert uns ein, wie wir „richtig“ sind und noch „richtiger“ werden können. Wir müssen dazu nur noch…
Wenn wir nun diesen Anforderungen (immer wieder mal) nicht genügen wollen oder können, erfahren wir verdeckte oder offene Kritik, vielleicht sogar Strafen. So entstehen auf unserem Weg seelische Kratzer, Narben und Wunden, die über einen kürzeren oder längeren Zeitraum schmerzen, manche ein Leben lang. Dass uns diese Verletzungen zugefügt wurden, erklären wir uns oft mit Versagen, unsererseits. Wir suchen nach Erklärungen für unser Unvermögen „perfekt“ zu sein. Wir stellen Vermutungen darüber an und speichern unsere Erfahrungen in Kategorien, sogenannten „Glaubenssätzen“ ab. Glaubenssätze deshalb, weil diese Erklärungen nicht belegt sind, es sind reine Vermutungen, also „Glaubenssachen“.
Unbewusste Glaubenssätze dienen uns zur Komplexitätsreduktion. Wir rationalisieren sozusagen unsere Erklärungen für Nichtgenügen. Immer, wenn wir das Gefühl haben, nicht genügt zu haben, ersparen wir uns den mühsamen Weg, zu ergründen woher dieses Gefühl kommt, sondern greifen auf eine „Instant-Erklärung“, einen unserer Glaubenssätze zurück. Das Problem das wir uns damit einhandeln ist, dass dieser Glaubenssatz der aktuellen Situation, mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit, gar nicht angemessen ist. Und: wir festigen unsere Idee davon, was „falsch“ ist an uns.
Aussagen, wie „Ich darf um nichts bitten.“ (…weil das ein Zeichen von Schwäche wäre) oder „Ich muss ständig fleissig sein.“ (…weil ich sonst nichts wert bin.) usw., sind es jedenfalls wert, mit dem Ziel hinterfragt zu werden, sie möglicherweise loslassen zu können und zu verlernen.
Ihr /Euer /Dein
josef w. seifert
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